Dienstag, 31. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (10/17) - Neunter Tag

„Seid heilig, denn ich bin heilig!“ [Lev 11,44 u. 19,2]. Wer außer ihm kann ein solches Gebot geben? Er hat selbst seinen Namen geoffenbart, den Namen, der ihm eigen ist, den er allein besitzt. „Ich bin“, sprach er zu Moses, „der ich bin!“ (Ex 3,14). Der einzig Lebende, der Urgrund alles Seins und aller Wesen. „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“ (Apg 17,28).

„Seid heilig, denn ich bin heilig!“ Das ist wohl derselbe Willensausdruck wie am Tag der Schöpfung, als Gott sprach: „Lasset uns den Menschen machen nach unserm Ebenbild und Gleichnis!“ (Gn 1,26). Immer ist es der Wunsch des Schöpfers, dass sein Geschöpf ihm gleichförmig werde.

Der hl. Petrus schreibt, dass wir „in die Gemeinschaft mit der göttlichen Natur kommen“ (2 Petr 1,4) und der hl. Paulus empfiehlt uns, dass wir „seine anfängliche Grundlage bis ans Ende fest behalten.“ (Hebr 3,14). Der Jünger der Liebe aber spricht zu uns: „Jetzt sind wir Gottes Kinder; aber es ist noch nicht offenbar, was wir sein werden.“ „Wir wissen aber, dass wir, wenn er erscheinen wird, ihm ähnlich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und ein jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, der heiligt sich, gleichwie auch er heilig ist.“ (1 Joh 3,2f).

Heilig sein, wie Gott heilig ist, das ist das Maß der Kinder seiner Liebe. Hat der Meister nicht gesprochen: „Seid vollkommen, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist?“ (Mt 5,48). Und zu Abraham sagte Gott: „Wandle vor mir und sei vollkommen!“ (Gn 18,1). Das ist also das Mittel, um jene Vollkommenheit zu erreichen, die der himmlische Vater von uns verlangt.

Das zeigt uns deutlich der hl. Paulus: „Gott hat uns in ihm (Christus) erwählt vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelhaft seien in Liebe.“[Eph 1,5f]

In diesem Licht kann auch ich den herrlichen Weg der Gegenwart Gottes gehen, wo die Seele „allein mit dem Alleinigen“ wandelt, „geführt durch die Kraft seiner Rechten unter dem Schatten seiner Flügel, ohne die nächtlichen Schrecknisse zu fürchten, noch den Pfeil, der am Tage fliegt, noch das Unheil, so im Finstern schleicht, noch den Anfall des Teufels in der Mittagszeit“ x.

„Zieht aus den alten Menschen ... und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit.“ (Eph 4,22-24).

So ist der Weg vorgezeichnet. Man braucht sich nur loszuschälen, um ihn so zu durchlaufen, wie Gott es wünscht. Sich losschälen, sich selbst absterben, sich aus dem Auge verlieren, war das nicht der Gedanke des Meisters, als er sprach: „Wenn jemand mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach?“ (Mt 16,24). „Wenn ihr nach dem Fleische lebt“, sagt uns der Apostel, „werdet ihr sterben, wenn ihr aber mit dem Geist die Werke des Fleisches ertötet, werdet ihr leben!“ (Röm 8,13).

Das ist der Tod, den Gott verlangt und von dem er spricht: „Verschlungen ist der Tod im Sieg.“ (1 Kor 15,54). „O Tod“, spricht der Herr, „ich will dein Tod sein“ (Os 13,14), d. h.: O Seele, o mein angenommenes Kind, schau mich an, und du wirst dich aus den Augen verlieren, ergieße dich ganz in mich, komm, stirb in mir, damit ich in dir lebe!

x Ps 90,4ff; [Der Mittagsteufel ist ein in der Wüstenväterliteratur allgegenwärtiges Thema. Er gilt als der Dämon der Trägheit und des Überdrusses. Diese zählen zu den heimtückischsten Versuchungen im geistlichen Leben und speziell des Gebetes.]


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Montag, 30. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (9/17) - Achter Tag

„Sie hatten keine Ruhe Tag und Nacht und riefen: Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr, der Allmächtige, der da war, der da ist und der da kommen wird, und sie fielen nieder ... und beteten an ... und legten ihre Kronen nieder vor dem Thron und sprachen: ‚Würdig bist du Herr, unser Gott, zu empfangen Preis und Ehre und Kraft.‘“ (Offb 4, 8 ff.)

Wie soll ich im Himmel meiner Seele die unaufhörliche Beschäftigung der Seligen nachahmen, die sich im Himmel der Glorie befinden, wie gleich ihnen beständig anbeten und lobpreisen? Der hl. Paulus gibt mir Licht hierüber, indem er den Seinigen schreibt: „Der Vater verleihe euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, mit Kraft gestärkt zu werden, durch seinen Geist am inneren Menschen, auf dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe Wurzel und Grund fasset.“ (Eph 2,16).

In der Liebe Wurzel und Grund fassen, das scheint mir die richtige Verfassung, um würdig das Amt eines „Lobes seiner Herrlichkeit“ zu erfüllen.

Die Seele, die in den Tiefen der Gottheit wohnt, tut alles „durch ihn, mit ihm und in ihm“. Sie schlägt mit jeder, auch der geringsten Anmutung tiefere Wurzeln in ihm, den sie liebt. Und alles in ihr huldigt dem dreimal heiligen Gott; sie ist ein ewiges Sanctus, ein unaufhörliches Lob seiner Herrlichkeit geworden. „Sie fielen nieder und beteten an und legten ihre Kronen vor dem Throne nieder.“

Zuerst muss die Seele sich niederwerfen, sich in den Abgrund ihres Nichts versenken, sich so sehr darin vertiefen, dass sie den wahren, unüberwindlichen, vollkommenen Frieden findet. An den Tiefen, in die sie sich hinabgestürzt hat, kann niemand mehr sie erreichen. Dann kann sie anbeten.

„Anbetung“, himmlisches Wort! Ich glaube, man kann es erklären als „Ekstase der Liebe“. Anbetung ist die durch die Schönheit, die Kraft, die unendliche Größe des Ewigen erdrückte Liebe. Dann verfällt die Liebe der Ohnmacht, hüllt sich in völliges, tiefes Schweigen. Das ist das größte Lob der ewigen Liebe. Es ist die äußerste Anstrengung einer Seele, die vor Liebe überströmt und nichts mehr zu sagen vermag.

„Erhebt den Herrn, unseren Gott, betet an, denn er ist heilig“ (Ps 98,9), heißt es in einem Psalm und wiederum: „Man wird ihn anbeten um seiner selbst willen!“ [Ps 71,15]. Die Seele, welche sich unter dem Eindruck dieser Gedanken sammelt und sie durchdringt mit dem Sinn des Herrn (Röm 11,34), lebt hoch über allem Vergänglichen, über dem eigenen Ich und empfindet einen Vorgeschmack des Himmels. Sie weiß, dass der, den sie anbetet, alles Glück und alle Herrlichkeit besitzt. Indem sie ihre Krone vor ihm niederlegt gleich den Seligen, verachtet sie sich und verliert sich selbst aus dem Auge. Durch Schmerz und Leid findet sie all ihre Seligkeit in der des angebeteten Wesens.

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Sonntag, 29. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (8/17) - Siebter Tag

Coeli enarrant gloriam Dei.“ (Ps 18,2) „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes“. Da meine Seele der Himmel ist, in dem ich lebe und das himmlische Jerusalem erwarte, so muss meine Seele auch die Herrlichkeit des Ewigen besingen, nichts als die Herrlichkeit des Ewigen.

„Ein Tag ruft dem andern das Wort zu“ [Ps 19,3]: Alle Erleuchtungen, alle Mitteilungen Gottes sind jener Tag, der dem Tag das Wort, die Botschaft seiner Herrlichkeit bringt. „Das Gesetz des Herrn ist hell“, singt der Psalmist, „und erleuchtet die Augen.“ (Ps 18,9).

Folglich macht die Treue, mit der ich jedem seiner Gesetze und allen inneren Anregungen entspreche, dass ich im Licht lebe. Das Licht ist auch ein Bote, der seine Herrlichkeit uns kündet.

Aber hört das süße Wunder: „Tretet hin zu ihm, so werdet ihr erleuchtet!“ (Ps 33,6). Die Seele, die durch die Tiefe ihres inneren Blickes Gott in jener Einheit betrachtet, die ihn von allen anderen Dingen trennt, diese Seele ist erleuchtet, sie ist ein Tag, der dem anderen die Kunde seiner Herrlichkeit bringt. „Eine Nacht meldet der anderen die Kunde“ (Ps 115,3 f). Das ist sehr tröstlich: meine Ohnmacht, meine Schwäche, meine Finsternis, meine Fehler selbst, „erzählen die Herrlichkeit des Ewigen.“ x Auch meine seelischen und körperlichen Leiden tun dies. „Was soll ich dem Herrn vergelten, für alles, was er an mir getan? Den Kelch des Heiles will ich ergreifen.“ (Ps 118,2). Wenn ich diesen mit dem Blut meines Herrn geröteten Kelch nehme, und wenn ich in fröhlicher Danksagung mein Blut mit dem des heiligen Opfers vermische, das ihm Anteil an seinem unendlichen Wert gibt, dann kann es dem Vater große Ehre erweisen, dann ist mein Leiden eine Botschaft, „ein Wort“, das die Herrlichkeit des Ewigen verkündet.

x D. i . Gott erträgt die menschlichen Fehler und Schwächen und offenbart eben dadurch seine Barmherzigkeit und Güte.


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Samstag, 28. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (7/17) - Sechster Tag

„Und ich sah und siehe, ein Lamm stand auf dem Berg Sion und mit ihm hundertvierundvierzig Tausend, die seinen Namen und seines Vaters Namen auf ihren Stirnen geschrieben hatten. Und ich hörte eine Stimme vom Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines starken Donners und die Stimme, die ich hörte, war wie von Harfenspielern ... sie sangen wie ein neues Lied vor dem Thron... und niemand konnte das Lied singen als jene hundertvierundvierzig Tausend, denn sie sind Jungfrauen.“ (Offb 14,1).

Es gibt Wesen, die hienieden schon zu diesem Geschlecht gehören, das so rein ist wie das Licht; jetzt schon tragen sie auf ihren Stirnen den Namen des Lammes und den seines Vaters. Den Namen des Lammes durch die Ähnlichkeit und Gleichförmigkeit mit ihm, den Johannes „den Getreuen, den Wahrhaftigen“ [Offb 19,11] nennt, den er uns zeigt in blutgefärbtem Gewand. Auch diese sind die Getreuen, die Wahrhaftigen und ihr Gewand ist gefärbt mit dem Blut ihrer beständigen Hinopferung. „Den Namen seines Vaters“ tragen sie, weil in ihnen die Schönheit seiner Vollkommenheit erstrahlt; alle seine göttlichen Eigenschaften spiegeln sich ab in diesen Seelen und sind ebensoviele erzitternde Saiten, die das neue Lied singen. Sie folgen dem Lamm nicht bloß auf den breiten, leicht zu wandelnden Wegen, sondern auch auf dornigen Pfaden, durch das Gestrüpp des Weges; denn sie sind Jungfrauen, d. h. frei, abgesondert, losgeschält.

Frei von allem, außer von ihrer Liebe; abgesondert, getrennt von allem, besonders vom eigenen Ich; losgeschält von allen Dingen, nicht bloß der natürlichen, sondern auch der übernatürlichen Ordnung x . Welch ein Verlassen des eigenen Ich setzt das voraus! Welch ein Tod! „Täglich sterbe ich“ (1 Kor 15,31), sagt darum der heilige Paulus.

Der große Heilige schrieb an die Kolosser: „Ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ (Kol 3,3). So lautet die Bedingung. Man muss gestorben sein, sonst kann man wohl zu gewissen Stunden in Gott verborgen sein; aber man lebt nicht dauernd in ihm. Denn alle Empfindlichkeiten, alle Befriedigungen der Eigenliebe treiben die Seele aus diesem Leben in Gott wieder heraus. Die Seele, die ihren Meister betrachtet, mit jenem einfachen Auge, das den ganzen Leib erleuchtet, ist geschützt vor dem Abgrund der Bosheit, der in ihr ist. „Und er führte mich“, sagt der Psalmist, „ins Weite.“ (Ps 17, 26). Der Herr führt die Seele in seine Freiheit, wo alles rein, alles heilig ist.

O glückseliges Sterben in Gott, o süßes Verlieren seiner selbst, das dem Geschöpf erlaubt, auszurufen: „Mit Christus bin ich ans Kreuz geheftet! Ich lebe; doch nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Was ich aber nun lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“ (Gal 2,19).“

x D. h. die in Liebe entbrannte Seele überlässt sich ganz und gar ihrem göttlichen Bräutigam auch in Bezug auf seine Gnaden- und Liebeserweise und hegt keine eigenen Wünsche mehr.


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Freitag, 27. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (6/17) - Fünfter Tag

„Ich sah eine große Schar, die niemand zählen konnte ... Es sind jene, die aus großer Trübsal kamen und ihre Kleider gewaschen und weißgemacht haben im Blut des Lammes. Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen. Sie werden nicht mehr hungern, noch dürsten; es wird nicht mehr auf sie fallen die Sonne noch irgendeine Hitze; denn das Lamm in der Mitte vor dem Thron wird sie weiden und zu den Quellen des lebendigen Wassers führen, und Gott wird alle Tränen abwischen von ihren Augen.“ (Offb 7,9 u. 7,14-17).

Alle diese Auserwählten, die Palmen in den Händen tragen und in das Licht Gottes getaucht sind, mussten zuvor die großen Trübsale durchschreiten und jenen Schmerz kennenlernen, „der groß ist wie das Meer“ [Klgl 2,13]. Bevor sie mit unbedecktem Antlitz die Herrlichkeit des Herrn schauten, haben sie teilgenommen an den Erniedrigungen seines Gesalbten. Bevor sie umgewandelt wurden, „von Klarheit zu Klarheit“, in das Bild des göttlichen Seins, mussten sie dem Bild des menschgewordenen Wortes gleichförmig werden, das aus Liebe gekreuzigt worden ist.

Die Seele, die Gott Tag und Nacht dienen will in seinem Tempel, im inneren Heiligtum, von dem der hl. Paulus spricht: „Der Tempel Gottes ist heilig und der seid ihr“ (1 Kor 3,17), diese Seele muss entschlossen sein, einen tatsächlichen Anteil am Leiden ihres Meisters zu nehmen. Sie ist eine Erkaufte, die wieder andere Seelen erkaufen muss. Darum singt sie: „Ich rühme mich im Kreuz Jesu Christi.“ [Gal 6,14]. „Mit Christus bin ich gekreuzigt“ (Gal 6,14 und 2,19). „Ich ersetze an meinem Fleisch, was an den Leiden Christi für seinen Leib, der die Kirche ist, mangelt.“ (Kol 1,24).

„Die Königin steht zu deiner Rechten.“ (Ps 44,11). So schreitet diese Seele auf dem Weg nach Kalvaria zur Rechten ihres gekreuzigten, vernichteten, gedemütigten und doch allezeit starken, ruhigen und majestätischen Königs, der seinem Leiden entgegengeht, um die Herrlichkeit seiner Gnade offenbar zu machen.

Der schmerzliche Weg, auf dem die Braut mit dem Erlöser wandelt, erscheint ihr als ein Weg zur Seligkeit. Der Meister gibt ihr zu verstehen, dass sie über alles Bittere, das sich im Leiden findet, hinweggehen muss, um gleich ihm ihre Ruhe zu finden.

Dann kann sie Gott Tag und Nacht in seinem Tempel dienen. Die inneren und äußeren Prüfungen vertreiben sie nicht aus der heiligen Burg, worin er sie eingeschlossen hat. Sie hungert und dürstet nicht mehr. Trotz ihres verzehrenden Verlangens nach der Seligkeit, wird sie von jener Nahrung gesättigt, die auch die ihres Meisters war: „Der Wille des Vaters.“ [Vgl. Joh 4,32-34]. Sie fühlt die Sonne nicht mehr auf sich fallen, d. h. sie betrübt sich nicht mehr über das Leiden, und das „Lamm“ kann sie zu den Quellen des Lebens führen, wohin es will und wie es ihm gutdünkt. Denn sie hat nicht acht auf die Pfade, die sie wandelt; ihre Augen sind nur auf den Hirten gerichtet, der sie führt.

Über diese Seele, die sein angenommenes Kind und gleichförmig geworden ist dem Bild seines Sohnes, des Erstgeborenen unter allen Kreaturen, neigt sich Gott herab und erkennt sie an als eine von denen, die er vorherbestimmt, berufen und gerechtfertigt hat. Er frohlockt in seinem Vaterherzen beim Gedanken, dass er sein Werk vollenden wird, indem er sie verherrlicht und in sein Reich versetzt, damit sie dort in alle Ewigkeit das Lob seiner Herrlichkeit singe.


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Donnerstag, 26. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (5/17) - Vierter Tag

Gestern hat der hl. Paulus ein wenig den Schleier gelüftet und mir gestattet, den Blick in „das Erbteil der Heiligen im Licht“ zu tauchen, damit ich mich bestrebe, soviel als möglich mein Leben dem ihrigen gleichförmig zu machen, um mein Amt als „Lob seiner Herrlichkeit“ zu erfüllen.

Heute soll der hl. Johannes mir „die ewigen Tore eröffnen“, damit meine Seele ausruhen könne im heiligen Jerusalem, in der süßen Vision des Friedens. Zuerst sagt er mir: „Die Stadt bedarf weder der Sonne noch des Mondes, dass sie leuchten in ihr; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.“ (Offb 21,23).

Wenn die Stadt meines Innern einige Ähnlichkeit und Gleichförmigkeit mit der des „Königs der Ewigkeit“ (1 Tim 1,17)  haben und die große Erleuchtung Gottes empfangen soll, so muss ich jedes andere Licht auslöschen und sorgen, dass das Lamm allein ihre Leuchte ist.

Da kommt mir das Licht des Glaubens zu Hilfe. Er allein kann meinen Weg zum Bräutigam erleuchten. Der Psalmist singt vom Herrn, „dass er die Finsternis mache zu seinem Versteck“. Dann aber wieder: „In Licht bist du gehüllt wie in ein Gewand.“ (Ps 103,2). Aus diesem scheinbaren Widerspruch wird mir klar, dass ich mich in eine heilige Finsternis versetzen muss, in die Nacht und Leere aller meiner Fähigkeiten; dann werde ich meinem Herrn begegnen und das Licht, das er angetan hat wie ein Kleid, wird auch mich umhüllen; denn er will, dass die Braut Licht sei von seinem Licht, und zwar von seinem Licht allein, das die „Klarheit Gottes“ (Offb 21,11)  ist.

Von Moses wird gesagt, dass er unerschütterlich in seinem Glauben war, dass er sich „an den Unsichtbaren hielt, als sähe er ihn“ (Hebr 11,27). So muss das Verhalten eines „Lobes seiner Herrlichkeit“ sein, einer Seele, die ihr Danklied singt, unerschütterlich in ihrem Glauben an „seine überschwängliche Liebe“.

„Wir haben die Liebe erkannt, die Gott zu uns hat und haben daran Geglaubt“ (1 Joh 4,16). „Es ist aber der Glaube ein fester Grund für das, was man hofft, eine gewisse Überzeugung von dem, was man nicht sieht“ (Hebr 11,1).

Für eine Seele, die sich unter dem Licht dieses Wortes gesammelt hat, ist es gleichgültig, ob sie etwas fühlt oder nicht, ob sie genießt oder nicht genießt. Mit tiefer Selbstverachtung ob ihrer geringen Liebe blickt sie auf den Meister, um sich von ihm befreien zu lassen. Sie erhebt ihn über alle Tröstungen und Süßigkeiten, die von ihm ausgehen; denn sie ist entschlossen, alles zu überschreiten, um sich mit ihrem Geliebten zu vereinigen.

Auf diese Seele, die unerschütterlich den Glauben an den Gott der Liebe festhält, können die Worte des Apostelfürsten angewendet werden: „Weil ihr an ihn glaubt, werdet ihr frohlocken mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.“ (1 Petr 1,8).


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Mittwoch, 25. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (4/17) - Dritter Tag

… „Die wir nach dem Vorsatz dessen, der alles nach dem Ratschluss seines Willens wirkt, vorherbestimmt sind, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit seien“ (Eph 1,11 f). Der heilige Paulus teilt uns diese göttliche Wahl mit, er, der so tief in das Geheimnis eindrang, das im Herzen Gottes verborgen ruht. Lassen wir uns nun von ihm den Beruf erklären, der uns geworden ist:

„Gott“, sagt er, „hat uns in ihm (Christus) erwählt vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelhaft vor ihm seien in Liebe.“ (Eph 1,4). Wenn ich diese zwei Darlegungen des Gottesplanes vergleiche; so folgere ich daraus, dass ich meine Aufgabe als „Lob seiner Herrlichkeit“ nur würdig erfüllen kann, wenn ich mich allezeit in der Gegenwart Gottes erhalte, „vor ihm“. Doch der Apostel sagt noch mehr: in caritate, d. h. in Gott, denn „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,16); die Berührung des göttlichen Seins ist es gerade, die mich heilig und untadelhaft in seinen Augen machen wird.

Dieses beziehe ich auf die Tugend der Einfalt, die der Seele die Ruhe des Abgrundes verleiht in Gott, dem unerforschlichen Abgrund, die ein Vorspiel der ewigen Sabbatruhe ist, von welcher der hl. Paulus spricht: „Wir werden eingehen in diese Ruhe, wenn wir geglaubt haben“ (Hebr 4,3).

Die Seligen haben jene Ruhe des Abgrundes, weil sie Gott schauen, „sie erkennen ihn, wie sie selbst (von ihm) erkannt sind“ (1 Kor 13,12), nämlich durch die unmittelbare Anschauung; darum werden sie „umgewandelt in dasselbe Bild von Klarheit zu Klarheit wie von des Herrn Geist.“ (2 Kor 3,18). Dann sind sie ein unaufhörliches Lob seiner Herrlichkeit für Gott geworden, der in ihnen seine eigene Schönheit sieht.

„Nach unserem Ebenbild und Gleichnis“ (6 Gn 1,26). Das war die Absicht des Schöpfers! Er wollte sich selbst in seinem Geschöpf verherrlichen, alle seine Vollkommenheiten, alle seine Schönheit wollte er wie in einem reinen, makellosen Kristall in ihm erglänzen lassen, als Ausstrahlung seiner eigenen Herrlichkeit.

Durch den einfachen Blick, mit dem die Seele ihren göttlichen Gegenstand betrachtet, wird sie getrennt von allem, was sie umgibt, besonders von sich selbst und nun erstrahlt in ihr das „Licht der Erkenntnis Gottes“ (2 Kor 4,6), weil sie dem göttlichen Sein gestattet, sich in ihr abzuspiegeln. In Wahrheit, diese Seele wird das Lob seiner Herrlichkeit für jede seiner Gaben. Sie singt allezeit auch inmitten der gewöhnlichsten Verrichtungen das Canticum magnum, das Canticum novum, das hohe, das neue Lied.

„In der Finsternis“, kann man dieser Seele sagen, „geht dir ein Licht auf und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und Ruhe wird dir geben der Herr auf immer und deine Seele mit Glanz erfüllen und deine Gebeine erlösen und du wirst sein wie ein bewässerter Garten, wie ein Wasserbrunnen, dessen Wasser nicht abnehmen und ich will dich heben über die Höhen des Landes!“ (Is 58,10 ff).


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Dienstag, 24. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (3/17) - Zweiter Tag

„Meine Seele ist allezeit in meinen Händen“ (Ps 118,109). Das war der Gesang, der in der Seele meines Meisters ertönte, und darum blieb er unter allen Ängsten und Qualen der Ruhige, der Starke. „Meine Seele ist allezeit in meinen Händen.“ Was bedeutet das anderes als den vollen Besitz seiner selbst angesichts des sanftmütigen Jesus. Noch einen anderen Gesang Christi möchte ich unaufhörlich wiederholen: „Meine Stärke will ich bei dir bewahren.“ (Ps 58,10)

Meine Regel sagt mir: „Im Schweigen wird eure Kraft bestehen.“ Beim Herrn seine Kraft verwahren, d. h. sein ganzes Wesen zur Einheit bringen durch das innere Schweigen, alle seine Seelenkräfte sammeln, um sie einzig mit der Übung der Liebe zu beschäftigen, d. h. auch jenes einfache Auge haben, das dem göttlichen Licht gestattet, uns zu erleuchten. Eine Seele, die mit ihrem Ich verhandelt und sich mit ihrer Empfindlichkeit beschäftigt, die sich mit einem unnützen Gedanken oder Wunsch abgibt, zersplittert ihre Kraft und ist nicht ganz auf Gott hingeordnet. Der Ton ihrer Leier ist nicht rein, und wenn der göttliche Meister sie berührt, kann er ihr keine göttlichen Harmonien entlocken. Es ist noch zu viel Menschliches vorhanden und das erzeugt den Missklang.

Die Seele, die sich im Reich ihres Innern noch etwas vorbehält, deren Kräfte nicht alle in Gott eingeschlossen sind, kann nicht ein vollkommenes „Lob seiner Herrlichkeit“ sein. Sie vermag noch nicht ohne Unterbrechung das Canticum magnum (das Hohelied) zu singen, weil die Einheit in ihr noch nicht dauernd ist. Anstatt durch alles unbehindert, einfältig ihr Loblied zu singen, ist sie beständig genötigt, die abgerissenen, zerstreuten Saiten ihres Instrumentes wieder anzuknüpfen. Wie sehr bedarf dieser inneren Einheit eine Seele, die schon hienieden das Leben der Seligen, d. h. einfacher, geistiger Wesen führen will. Gab unser göttlicher Meister dies nicht Magdalena zu verstehen, als er vom einen Notwendigen sprach? x

Wie hatte die große Heilige das verstanden! Im Licht des Glaubens hatte sie ihren Gott unter dem Schleier der Menschheit erkannt; im Schweigen horchte sie auf die Worte, die er zu ihr sprach. Da konnte sie frohlocken: ,Meine Seele ist allzeit in meinen Händen!' und leise hinzufügen: ,nescivi!'

Ja, sie wusste nur mehr um ihn. Wenn Lärm und Aufregung sie umgaben: „nescivi!“, wenn man sie anklagte: „nescivi!“ Weder die äußeren Dinge, noch die Sorge um ihre Ehre konnten sie ihrem heiligen Schweigen entreißen.

So auch die Seele, die in die Burg der heiligen Sammlung eingetreten ist. Mit ihrem, den Klarheiten des Glaubens, geöffneten Auge erschaut sie Gott, in sich selbst lebendig gegenwärtig. Nun mögen der Andrang von außen, die Stürme im Innern kommen; mag man ihre Ehre angreifen: „nescivi!“ Wenn Gott sich verbirgt und ihr seine fühlbare Gnade entzieht: „nescivi!“ „Um seiner Liebe willen“, ruft sie aus, „habe ich auf alles verzichtet“ (Phil 3,8).

Von nun an ist der göttliche Meister frei, sich nach seinem Maß zu ergießen und zu geben. So eins geworden mit ihm, wird die Seele zum Thron des Unveränderlichen; denn die Einheit ist der Ehrensitz der heiligsten Dreifaltigkeit.

x [Gemeint ist Maria von Bethanien, die Schwester von Martha und Lazarus, welche früher auch mit Maria Magdalena gleichgesetzt wurde. Heute wird allgemein diese Gleichsetzung berechtigterweise nicht mehr vertreten. Die angesprochene Stelle findet sich bei Lk 10,38 ff.]


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Montag, 23. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (2/17) - Erster Tag



Nescivi!“ (Hl 6,11) „Ich wusste um nichts“. So singt die Braut des Hohenliedes. So, scheint mir, muss auch das Losungswort „des Lobes seiner Herrlichkeit“ lauten an diesem Exerzitientag, wo der Meister mich bis in den tiefsten Grund vordringen lässt, um mich das Amt zu lehren, das meiner in der Ewigkeit wartet, und das ich schon in der Zeit üben muss. „Nescivi!“ „Ich weiß, und ich will nichts mehr als ihn erkennen, die Gemeinschaft seiner Leiden, die Ähnlichkeit mit seinem Tod“ (Phil 3,10). 

„Die Gott vorhergesehen, hat er auch vorher bestimmt, dem Bilde seines Sohnes, gleichförmig zu werden“ (Röm 8,29), des Gekreuzigten aus Liebe. Wenn ich eins geworden bin mit diesem göttlichen Urbild, ganz in ihn eingegangen und er in mich, dann werde ich meinen ewigen Beruf erfüllen, den Beruf, für den mich Gott erwählt hat in principio (von Anbeginn), den ich ausüben werde in aeternum (auf ewig), wenn ich in den Schoß der Dreifaltigkeit versenkt, das unaufhörliche Lob seiner Herrlichkeit sein werde, „in laudem gloriae eius“ (Eph 1,12).  

„Niemand kennt den Vater als der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,27). Man kann hinzufügen, dass niemand außer der allerseligsten Jungfrau das Geheimnis Christi in seiner Tiefe durchdrungen hat. Der hl. Paulus spricht oft von der Erkenntnis (Eph 3,4), die er selbst davon erhielt. Und doch wie müssen alle Heiligen im Schatten stehen, wenn man die Erleuchtungen der allerseligsten Jungfrau betrachtet! Das Geheimnis, das sie in ihrem Herzen hütete und erwog, ist unaussprechlich; keine Zunge, keine Feder hat es jemals wiedergeben können.

Diese Mutter der Gnade wird meine Seele bilden, damit ihr Kind ein lebendiges, ganz ähnliches Bild ihres Erstgeborenen werde, welcher der Sohn des Ewigen und auf so vollkommene Weise das „Lob der Herrlichkeit“ seines Vaters ist.

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Sonntag, 22. Oktober 2017

Letzte Exerzitien. - Hl. Elisabeth v.d. hlgs. Dreifaltigkeit (1/17)

Schwester Elisabeth von der heiligsten Dreifaltigkeit lebte einem einzigen Gedanken: sie wollte der heiligsten Dreifaltigkeit ein „Ehrenlob“ sein. Das war für sie auf Erden schon der Anfang des Himmels, wie sie am Tag nach ihrer Profess schrieb: „Der Himmel durch den Glauben mit Leiden und Hinopferung für den, den ich liebe.“ Und später schrieb sie: „Ich habe meinen Himmel auf Erden gefunden, denn der Himmel ist Gott und Gott ist in meiner Seele. An dem Tag, wo ich das begriff, ist alles für mich licht und strahlend geworden.“ 

In diesen Exerzitien durchdringt sie gewissermaßen den Schleier und schaut die Seligen in der Anschauung des göttlichen Wesens. „Es scheint mir", ruft sie aus, „dass wir dem Herzen Gottes eine unendliche Freude bereiten, wenn wir uns bemühen, im inneren Himmel unserer Seele das zu tun, was die unaufhörliche Beschäftigung der Seligen ist... lebend im Schoß der Dreifaltigkeit, in der unbezwinglichen Burg heiliger Sammlung, von der Johannes vom Kreuz spricht.“

Gleich ihrem heiligen Ordensvater, dem hl. Johannes vom Kreuz, wird Schwester Elisabeth umso praktischer, je höher sie sich erhebt. Nachdem sie im Licht Gottes sowohl seine unendliche Heiligkeit als auch das Wirken seiner Gnade und die erhabene Vereinigung, die wir schon hienieden erreichen können, erkannt hat, wird sie unerbittlich streng gegen jede Regung der Natur, die das Werk Gottes hindern könnte. Sie bekämpft das Ich bis in seine letzten Verschanzungen An jedem Tag dieser Exerzitien verfolgt sie denselben Gedanken und lehnt ihn an einen anderen Text der Heiligen Schrift an. Immer hat sie das gleiche Ziel im Auge und dasselbe Mittel, um es zu erreichen: „nescivi“, nichts mehr wissen, nichts mehr kennen, außer ihn allein! [„Gott allein genügt!“ (Hl. Teresa v. Avila)  - „Zu habgierig ist das Herz, dem Gott nicht genügt“ (Hl. Theresia v. Kinde Jesu)].




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M. v. Greiffenstein
Die hl. Elisabeth von der heiligsten Dreifaltigkeit
Alverna-Verlag 2017
258 Seiten; CHF 22.00; 18.40€
ISBN 978-3-9524562-9-3
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Dom Eugen Vandeur OSB
O mein Gott Dreifaltiger
Sarto-Verlag 2017
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ISBN: 978-3943858846
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Sonntag, 15. Oktober 2017

Heiligen Teresa von Jesus - 15. Oktober


(Gott spricht)

„O Seele, suche dich in Mir,
und, Seele, suche Mich in dir.

Die Liebe hat in Meinem Wesen,
dich abgebildet treu und klar,
kein Maler lässt so wunderbar,
o Seele, deine Züge lesen.

Hat doch die Liebe dich erkoren
als meines Herzens schönste Zier:
bist du verwirrt, bist du verloren:
o Seele, suche dich in Mir.

In meines Herzens Tiefe trage
Ich dein Porträt, so echt gemalt;
sähst du, wie es vor Leben strahlt,
verstummte jede bange Frage.

Und wenn dein Sehnen mich nicht findet,
dann such' nicht dort und such' nicht hier:
gedenk, was dich im Tiefsten bindet,
und Seele, suche Mich in dir.
                     
Du bist mein Haus und meine Bleibe,
bist meine Heimat für und für
Ich klopfe stets an deine Tür,
dass Dich kein Trachten von mir treibe.

Und meinst du, ich sei fern von hier,   
dann ruf Mich, und du wirst erfassen,
            dass Ich dich keinen Schritt verlassen:            
und, Seele, suche Mich in dir.“
             
(Übersetzung von Erika Lorenz)

Christus an der Geißelsäule - Teresa auf den Knien

„Alma, buscarte has en Mi
Ya Mi buscarme has en ti.

De tal suerte pudo amor,
Alma, en Mi te retratar,
Que ningún sabio pintor
Supiera con tal primor
Tal imagen estampar.

Fuiste por amor criada.
Hermosa, bella, y ansi
En mis entranas pintada,
Si de pierdes, mi amada
Alma, buscarte has en Mi.

Que yo sé que te hallarás
En mi pecho retratada
Y tan al vivo sacada,
Que si te ves te holgarás
Viéndote tan bien pintada.
                     
Y si acaso no supieres
Dónde me hallarás a Mi,
No andes de aqui para alli,
Sino, si hallarme quisieres
A Mi, buscarme has en ti.
Porque tú eres mi aposento.

Eres mi casa y morada,
Y ansí Ilamo en cualquier tiempo,
Si hallo en tu pensamiento
Estar la puerta cerrada.

Fuera de ti no hay buscarme,
Porque para hallarme a Mi,
Bastará sólo Ilamarme,
Que a ti iré sin tardarme
Y a Mi buscarme has en ti.“

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Donnerstag, 5. Oktober 2017

Von den letzten Tage im Leben der heiligen Therese von Lisieux und ihrem Sterben (5/5)

Alsobald ereigneten sich in der Klostergemeinde verschiedene, wunderbare Vorgänge, deren wir nur einige hier anführen wollen. Von dem ersten Ereignis haben wir bereits weiter oben berichtet; es ist die plötzliche Heilung jener Laienschwester von einem schweren Kopfleiden, die, die Füße der engelgleichen Nonne küssend, dieselben voll Vertrauen mit der Stirne berührte.

Wieder eine andere Klosterfrau nahm in der Zelle, in der sich keinerlei Blumen befanden, einen süßen, durchdringenden Veilchenduft wahr.

Eine dritte hatte die Empfindung, als würde sie einer liebevollen, zärtlichen Umarmung teilhaftig. Zwei weitere Schwestern sahen, die eine einen strahlenden, sich am Himmel hinziehenden Lichtstreifen, die andere eine glänzende Krone, die sich von der Erde erhob und in den Höhen des Firmaments verschwand.

Samstag und Sonntag strömte eine zahlreiche Volksmenge herbei, um in erbaulicher Sammlung vom Chorgitter aus die trotz der Majestät des Todes so liebliche, weiße Blume noch ein letztes Mal zu betrachten; auch jetzt noch war das einstige kleine Prinzeßchen anmutig wie im Leben. Hunderte von Gegenständen, Rosenkränze, Medaillen, ja sogar Schmucksachen wurden an die liebe kleine Heilige gerührt. – Unter der Schar der Personen aller Stände befand sich ein zehnjähriges Mädchen, das einen köstlichen Liliendurft wahrnahm; es war dies ganz unerklärlich, denn die vielen Lilien, die die jungfräuliche Leiche zierten, waren lauter künstliche Blumen. – Diese Gunstbezeugung ist unserem Kloster erst kürzlich mitgeteilt worden; das von unserm kleinen Engel damit begnadete Kind ist immer noch glücklich darüber.

Am 4. Oktober, dem Tage der Beisetzung, sahen wir die treue Dienerin Gottes von einer großen Schar von Priestern umgeben. Diese Ehre gebührte ihr aber auch; denn wieviel hatte sie gerade für die Gesalbten des Herrn gebetet und geopfert.

Nach der feierlichen Einsegnung wurde dann das kostbare Weizenkörnlein von den mütterlichen Händen der heiligen Kirche in die geweihte Erde gesenkt.

Und seitdem hat das Wort des göttlichen Schnitters sich herrlich bewährt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viele Frucht.“

Am öftesten bleiben diese Früchte hienieden verborgen; aber der Herr will dieses Mal die Stunde der ewigen Offenbarungen beschleunigen, er will, daß wir die herrliche Ernte betrachten, die da reift allerorten auf dem Angesichte der Erde . . .

Die göttliche Barmherzigkeit sei dafür ewig gelobt! Sie, die Urheberin aller Wunderwerke.

(Aus: Die ehrwürdige Theresia vom Kinde Jesu, Geschichte einer Seele von ihr selbst geschrieben, 4. Aufl., Kirnach-Villingen (Baden) 1922, S. 251ff.)


Therese von Lisieux. Totenbett. Ausschnitt


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Mittwoch, 4. Oktober 2017

Von den letzten Tage im Leben der heiligen Therese von Lisieux und ihrem Sterben (4/5)

Als das Klosterglöcklein leise den Angelus läutete, da richtete sie ihren Blick mit einem unaussprechlich liebenden und bittenden Ausdruck auf das Bild der unbefleckten Jungfrau, den Stern des Meeres; jetzt war der Augenblick gekommen, die Worte zu singen, die sie einst gedichtet:

„Es naht der Tag, da ich zu dir, o Mutter, ziehe;
Da selig an mein Ohr das Lied des Himmels klingt,
Du lächeltest mir zu in meines Lebens Frühe,
O Mutter, lächle auch jetzt, wo der Abend sinkt.“

Einige Minuten nach sieben Uhr wandte sich unsere arme, kleine Dulderin nach der Mutter Priorin um und sagte:

O meine Mutter, ist denn das noch nicht der Todeskampf? – Werde ich noch nicht sterben?“ – „Doch, mein liebes Kind, es ist der letzte Kampf, aber Jesus will ihn vielleicht noch um einige Stunden verlängern.

Da sagte sie mit sanfter, klagender Stimme: „Es ist gut so, in Gottes Namen denn. – O nein, ich verlange nicht darnach, weniger zu leiden.

Dann  heftete sie ihre Augen auf das Kruzifix:
O – ich liebe dich! – Mein Gott, ich – liebe – dich!

Das waren ihre letzten Worte! Kaum hatte sie dieselben gesprochen, da sank sie zurück und neigte den Kopf auf die rechte Seite, wie man auf alten Bildern aus den Zeiten der ersten Martyrer jene heiligen Jungfrauen dargestellt sieht, die sich bereiten, den tödlichen Streich durch das Beil des Henkers zu empfangen. Ja, sie war das Schlachtopfer der göttlichen Liebe, die den glühenden Pfeil erwartete, den der göttliche Bogenschütze auf sie abzusenden im Begriffe stand, um sie heimzuholen in sein Reich.

Plötzlich erhob sie sich noch einmal wie von einer geheimnisvollen Stimme gerufen, schlug groß und voll die Augen auf, welche strahlten von himmlischem Frieden und unaussprechlichem Glück, und heftete sie unverwandt auf eine Stelle etwas über dem Bilde der allerseligsten Jungfrau.

Dieser wunderbare Blick veränderte sich während der ungefähren Dauer eines Credo nicht, dann aber schwang sich der göttliche Adler hernieder, und auf seinen Fittichen trug er die unschuldige Taube, die reine, begnadete Seele Schwester Theresias empor zu den Lichthöhen des Paradieses. . . .

Unser kleiner Engel  hatte, wenige Tage ehe er diesem Erdentale entschwebte, gesagt: „Der Tod aus Liebe, den ich mir wünsche, ist jener, den Christus gestorben ist, der Tod am Kreuze!

Ihr Verlangen wurde voll und ganz erfüllt. Finsternis und die Ängste und Qualen des Todes waren ihr Anteil bis zum letzten Kampfe. Aber es läßt sich auf sie gar wohl das Wort des heiligen Johannes vom Kreuz anwenden, welches er von jenen spricht, die sich aus Liebe verzehren: „Sie sterben in wunderbaren Entzückungen der Liebe, Jubelhymnen auf den Lippen, gleichwie der sterbende Schwan seinen schönsten Gesang im letzten Augenblick seines Daseins anstimmt.“ Deshalb spricht auch der königliche Sänger David: „Kostbar in den Augen Gottes ist der Tod seiner Heiligen“; denn gerade dann ist der Augenblick gekommen, wo Ströme von Liebe der Seele entquellen, um sich für ewig in dem Ozean göttlicher Liebe zu verlieren.

Kaum hatte sich die engelgleiche Seele zum ewigen Lichte emporgeschwungen, da prägte sich das Glück des letzten Augenblickes den Zügen der kleinen Schwester Theresia auf, ein überirdisch seliges Lächeln verklärte ihr Antlitz. Wir legten einen Palmzweig in ihre Hand, und die Palme sollte dreizehn Jahre später, als der Leib dieser Braut des Herrn erhoben wurde, ganz unberührt und frisch im Sarge vorgefunden wurde.

(Aus: Die ehrwürdige Theresia vom Kinde Jesu, Geschichte einer Seele von ihr selbst geschrieben, 4. Aufl., Kirnach-Villingen (Baden) 1922, S. 251ff.)

Totenbett der Therese von Lisieux

 
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Dienstag, 3. Oktober 2017

Von den letzten Tage im Leben der heiligen Therese von Lisieux und ihrem Sterben (3/5)

Und endlich brach sie an, die Morgenröte des Tages, der für Theresia jener Tag der Ewigkeit werden sollte, der keinen Abend kennt. Es war Donnerstag, den 30. September. Am Morgen sprach dieses Opfer der göttlichen Liebe noch mit uns von ihrer letzten im Tale der Verbannung verbrachten Nacht, und einen kurzen Blick auf die Mutter-Gottes-Statue werfend, sagte sie: „O, mit welcher Inbrunst habe ich sie angefleht, und doch bleibt mir der Todeskampf in seiner ganzen Bitterkeit ohne jeglichen Trost nicht erspart.

Das Irdische vergeht und verweht; wann werde ich das Wehen der linden Himmelslüfte kosten?

Um 2½ Uhr richtete sie sich plötzlich allein in ihrem Bette auf, was sie seit Wochen nicht mehr gekonnt, und rief aus: „O meine Mutter, der Kelch ist übervoll, niemals hätte ich geglaubt, daß es möglich ist, so viel zu leiden. Ich kann es mir nur daraus erklären, daß ich stets ein so außerordentliches Verlangen hatte, durch meine Leiden Seelen zu retten.

Einige Augenblicke später fügte sie hinzu: „O wie wahr ist alles, was ich je von meinem Verlangen nach Leiden geschrieben habe! –
O nein, ich bereue es nicht, mich ganz und gar der Liebe hingegeben  zu haben.“


Diese Worte wiederholte sie noch mehrmals und sagte dann: „Meine Mutter, bereiten Sie mich vor, gut zu sterben.

Die ehrwürdige Mutter Priorin tröstete sie und sagte: „Mein Kind, Sie sind wohl bereit, vor Gott zu erscheinen; denn Sie haben sich stets der wahren Demut des Herzens beflissen.“

Da gab sie sich selbst das Zeugnis: „Ja, ich fühle es, ich habe nie etwas anderes gesucht als die Wahrheit. – Ich habe erkannt, was es heißt, die Demut des Herzens zu üben.

Um 4½ Uhr stellten sich die untrüglichen Zeichen des letzten Todeskampfes ein. Als unsere engelgleiche Sterbende die Klostergemeinde sich versammeln sah, begrüßte sie dieselbe nochmals mit dem liebenswürdigsten Lächeln, dann nahm sie das Kruzifix fest in ihre erkaltenden Hände und schickte sich an, mutig den letzten Kampf auszufechten. Reichlicher Todesschweiß bedeckte ihr Antlitz, und sie begann zu zittern. Aber wie der Schiffer angesichts des rettenden Hafens auch mitten im tosenden Sturm den Mut nicht verliert, so tat auch diese glaubensstarke Seele, deren brechendem Auge bereits der strahlende Leuchtturm des seligen Gestades der ewigen Heimat winkte, mit todesmutiger Hand die letzten Ruderschläge, um ihre Barke zu bergen und fest zu verankern für immer und ewig.

(Aus: Die ehrwürdige Theresia vom Kinde Jesu, Geschichte einer Seele von ihr selbst geschrieben, 4. Aufl., Kirnach-Villingen (Baden) 1922, S. 251ff.)

Sr. Therese vom Kinde Jesu und vom heiligen Antlitz. Karmelitin



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Montag, 2. Oktober 2017

Von den letzten Tage im Leben der heiligen Therese von Lisieux und ihrem Sterben (2/5)

Mutter Agnes von Jesus sagte einmal zu ihr: „Einige unserer Mitschwestern glauben, daß Sie sich vor dem Tode fürchten.“

O, diese Furcht könnte mich wohl noch überkommen; ich verlasse mich niemals auf meine eigene Kraft, ich weiß zu gut, wie schwach ich bin; aber jetzt will ich mich der Furchtlosigkeit erfreuen, die mir ja auch der liebe Gott verliehen hat, es ist immer noch Zeit zu leiden, wenn mich der Herr mit der entgegengesetzten Prüfung heimsuchen will.

„Der hochwürdigste Herr Beichtvater hat mich gefragt: „Sind Sie bereit, den Tod mit Ergebung anzunehmen?“ Ich habe ihm geantwortet: „O mein Vater, der Ergebung bedarf es doch wohl bloß zum Leben; der Gedanke, bald sterben zu dürfen, erfüllt mich mit Freude.“ Betrüben Sie sich nicht, meine liebe Mutter, wenn ich viel zu leiden habe und wenn ich auch in meinen letzten Augenblicken keinerlei Zeichen von Glück oder Trost mehr gebe. – Ist denn der Heiland nicht auch gestorben als Schlachtopfer der Liebe, und doch, welch einen Todeskampf litt seine gottmenschliche Seele.“

Am 29. September, dem Vorabend ihres Todes, hörten die Dienerin Gottes und ihre bei ihr weilende jüngste Schwester Celine (Schwester Genovefa von der heiligen Theresia) abends gegen neun Uhr ganz deutlich ein sanftes Flügelrauschen im Garten, und gleich darauf ließ sich eine Turteltaube, girrend und lockend am Fensterrande nieder, um jedoch schon nach wenigen Augenblicken sich wieder in weite Höhen aufzuschwingen.

Die beiden Schwestern wurden tief bewegt, gedenkend der Worte des Hohenliedes: „Der Ruf der Turteltaube wurde gehört in unserm Lande, stehe auf, meine Taube, meine Braut, und komme, denn siehe, der Winter ist vorüber!“

(Aus: Die ehrwürdige Theresia vom Kinde Jesu, Geschichte einer Seele von ihr selbst geschrieben, 4. Aufl., Kirnach-Villingen (Baden) 1922, S. 251ff.)


Therese, die Novizin im Karmel von Lisieux

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Sonntag, 1. Oktober 2017

Von den letzten Tage im Leben der heiligen Therese von Lisieux und ihrem Sterben (1/5)

Gegen Ende September erzählten wir unserer Kranken einmal, daß in der Erholung die Rede gewesen sei von der Verantwortung jener, welchen die Leitung der Seelen anvertraut ist; da war es, als lebte sie etwas auf, und dann sprach sie die schönen, bedeutsamen Worte: „Die Kleinen werden mit großer Milde gerichtet werden.“ (Sap. 6,7) Man kann ganz gut ‚klein‘ bleiben, selbst wenn die schwerste Verantwortung auf einem ruht, denn es steht geschrieben: „Die Erde ward stille, als der  Herr kam, um Heil zu schaffen, allen Sanftmütigen und Demütigen auf Erden.“ (Ps 75,9.) Der Herr spricht also nicht vom Gerichte, sondern vom Gerettetwerden.

Die Flut der Leiden sollte bei Schwester Therese immer noch höher steigen. Ihre Schwäche wurde so groß, daß sie ohne die Unterstützung anderer nicht mehr die kleinste Bewegung machen konnte. Sprechen zu hören, selbst wenn es im Flüsterton geschah, verursachte ihr qualvolle Peinen; das Fieber und die großen Beklemmungen gestatteten ihr nicht, auch nur ein einziges Wort hervorzubringen, ohne daß sie zu Tod erschöpft wurde. Aber selbst in diesem Zustande wich das sanfte, liebenswürdige Lächeln nicht von ihren Lippen. Zog ein Schatten über ihr Antlitz, so war es einzig die Sorge, den sie pflegenden Schwestern vermehrte Mühe und Arbeit zu bereiten.

Bis zum Vorabend ihres Todestages wollte sie nachts allein bleiben, die Krankenwärterin stand jedoch jede Nacht mehrmal auf, um nach ihr zu sehen, obgleich die liebe Schwester sie immer wieder bat, sich doch nicht durch sie in der Nachtruhe stören zu lassen.

Bei einem dieser Besuche nun fand sie die Kranke eines Nachts mit gefalteten Händen, die Augen zum Himmel gerichtet: „Was tun Sie denn“ fragte sie dieselbe; „Sie sollten doch wenigstens versuchen zu schlafen.“
Ich kann nicht, liebe Schwester, meine Schmerzen sind zu groß. Darum bete ich …
„Und was sagen Sie denn dem lieben Heiland?“
Ich spreche gar nichts, ich ‚liebe‘ ihn nur.“

O wie gut ist doch der liebe Gott,“ rief sie mitunter. „Er muß aber auch sehr gut sein, um mir alle nötige Kraft zu geben, meine Leiden zu ertragen.

Eines Tages sagte sie zu ihrer Mutter Priorin: „Meine liebe Mutter, ich möchte Ihnen gerne den Zustand meiner Seele offenbaren, aber ich vermag es nicht, ich bin jetzt gerade zu sehr angegriffen.“

Am Abende dann ließ sie ihr folgende mit Bleistift geschriebenen Zeilen zustellen, die sie mit zitternder Hand niedergeschrieben hatte: „O mein Gott, wie gut bist du gegen das kleine Schlachtopfer deiner erbarmenden Liebe. Auch jetzt, da sich die äußeren Leiden den inneren Prüfungen zugesellen, kann ich nicht sagen: „Die Schrecken des Todes haben mich umgeben.“ (Ps. 17, 5.) Aber in tiefster Dankbarkeit rufe ich aus: „So ich auch wandle mitten im Todesschatten, werde ich dennoch kein Unheil fürchten, weil du, o mein Gott, bei mir bist.“ (Ps. 22, 4.)

(Aus: Die ehrwürdige Theresia vom Kinde Jesu, Geschichte einer Seele von ihr selbst geschrieben, 4. Aufl., Kirnach-Villingen (Baden) 1922, S. 251ff.)

Bervor Therese Karmelitin werden konnte, sprach sie bei Papst Leo XIII. vor.
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