Mittwoch, 31. Oktober 2012

S. Teresa: Die innere Burg – Castillo - 235


6.W.K.10.7. Ich ging einmal mit dem Gedanken um, warum unser Herr wohl so sehr Freund der Tugend der Demut sei, und da kam mir – meines Erachtens ganz plötzlich, ohne Überlegung – dies: Weil Gott die höchste Wahrheit, und Demut in der Wahrheit leben ist.16 Es ist nämlich eine ganz große Wahrheit, dass wir von uns aus nichts Gutes haben, sondern nur Elend und Nichtssein; wer das nicht erkennt, lebt in Lüge. Je besser ein Mensch das erkennt, desto wohlgefälliger ist er der höchsten Wahrheit, da er in ihr lebt. Möge es Gott gefallen, Schwestern, uns die Gnade zu schenken, dieser Selbsterkenntnis nie davonzulaufen! 17 Amen.

Anmerkungen
16 Vgl. V 40,1-4 und ferner CC 64, wo sie die Demut wie folgt definiert: „Zu erkennen, was er [Gott] vermag, und was ich vermag.“ Auch wenn an dieser Stelle vor allem hervorgehoben wird, dass der Mensch losgelöst von seinem göttlichen Ursprung nichts vermag und sich folglich nicht selbst zuschreiben sollte, was er unverdient von Gott erhalten hat, gehört zum „In-der-Wahrheit- Leben“ für die Autorin genauso das Bewusstsein der eigenen Würde vor Gott; vgl. 1M 2,8; V 15,2; CE 12,2; CC 41,2. – Die Demut ist für sie das „Fundament“ der Inneren Burg (7M 4,8); Demut ist anerkennen, dass „das Gute, das wir tun, seinen Ursprung ... in jener Quelle hat, an der unser Seelenbaum gepflanzt ist“ (1M 2,5), es für möglich halten, dass Gott solche große Gnaden erweist (1M 1,3-3), und uns nicht für besser halten, weil wir „Gottes Wonnen“ genießen (4M 1,6; 6M 8,10). Gott ist „ein Freund der Demut“ (M epíl 2); er lässt sich durch Demut „alles abringen“ (4M 2,10). Deshalb „gibt es für uns nichts Wichtigeres als die Demut“ (1M 2,9.13); sie ist „Salbe für unsere Wunden“ (3M 2,6). Mangel an Demut bringt oft Trockenheit hervor (3M 1,6), wahre Demut lernt von Christus (1M 2,1). Da alles Gute von Gott kommt, „verliert die Seele nie die Erinnerung daran, wer sie ist, damit sie demütig bleibt“ (7M 4,2), so dass die mystischen Gnaden demütig machen: „Je größer die ihr erwiesene Gnade ist, um so weniger hält sie von sich“ (6M 3,17). Jede mystische Gnade lässt Demut zurück (6M 5,10; 8,4; 9,11). Vgl. V 19,10; CE 27,1; CV 17,1.
17 Dieses Motiv durchzieht die ganze Innere Burg, da die Selbsterkenntnis (realistische Selbsteinschätzung) einer der Grundpfeiler der Spiritualität Teresas ist; vgl. 1M 1,8; 2,8.11.13; 5M 3,1; 6M 5,10; 9,15. Eine gesunde Selbsterkenntnis ist für Teresa jedoch weniger eine Frucht der Fixierung auf die eigenen Defizite als vielmehr der Erkenntnis, wer Gott ist: „So halte es die Seele mit der Selbsterkenntnis: Sie glaube mir und fliege dann und wann hinaus, um die Größe und Majestät ihres Gottes zu betrachten; dort wird sie ihre Unzulänglichkeit besser und freier von Ungeziefer, das in die ersten Räume – also in die Selbsterkenntnis – mit eindringt, entdecken als in sich selbst“ (1M 2,8).

(Teresa von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)

7. Una vez estaba yo considerando por qué razón era nuestro Señor tan amigo de esta virtud de la humildad, y púsoseme delante a mi parecer sin considerarlo, sino de presto- esto: que es porque Dios es suma Verdad, y la humildad es andar en verdad, que lo es muy grande no tener cosa buena de nosotros, sino la miseria y ser nada; y quien esto no entiende, anda en mentira. A quien más lo entienda agrada más a la suma Verdad, porque anda en ella. Plega a Dios, hermanas, nos haga merced de no salir jamás de este propio conocimiento, amén.

Dienstag, 30. Oktober 2012

S. Teresa: Die innere Burg – Castillo - 234


6.W.K.10.6. Ich wünschte mir, es in diesem Fall noch mehr verdeutlichen zu können, aber es lässt sich nicht sagen. Entnehmen wir daraus, Schwestern, dass es gut ist, uns immer wieder eifrig darum zu bemühen, in dieser Wahrheit zu leben,12 um uns wenigstens  in etwa unserem Gott und Bräutigam anzugleichen.Ich meine damit nicht nur, keine Lüge zu sagen, denn in dieser Hinsicht sehe ich – gottlob! –, dass ihr in diesen Häusern13 sehr darauf achtet, auf keinen Fall eine zu sagen, sondern dass wir vor Gott und vor den Leuten auf jede erdenkliche Weise in der Wahrheit leben, vor allem dass wir nicht für besser gehalten werden wollen als wir sind,14 und bei unseren Werken Gott geben, was sein, und uns, was unser ist, und uns bemühen, in allem die Wahrheit herauszustellen, denn so werden wir diese Welt, die nur Lug und Trug ist 15 und als solche keinen Bestand hat, für gering halten.

Anmerkungen
12 Vgl. auch den nächsten Absatz mit der berühmten Definition der Demut als „in der Wahrheit leben.“
13 In den von ihr gegründeten Klöstern.
14 Diese Forderung gewinnt vor der Höherschätzung des Ordenslebens gegenüber den anderen Lebensständen und dem damit verbundenen Streben nach Anerkennung (honra) gerade in kirchlichen und Ordenskreisen eine besondere Bedeutung. Siehe V 21,9; CE 64,1 (CV 36,4); MC 2,26.
15 Hier nimmt Teresa wieder einmal die damalige Gesellschaft aufs Korn, in der es als höchstes Ziel galt, irgendeinen Adelstitel zu besitzen, um nur ja nicht zu den konvertierten Juden zu gehören. Sie hat in ihrer eigenen Familie erlebt, dass man dafür Bestechung und Dokumentenfälschung in Kauf nahm, also „Lug und Trug“. Siehe dazu T. Egido, Ambiente histórico, 83-92.

(Teresa von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)

6. Yo quisiera poder dar más a entender en este caso, mas no se puede decir. Saquemos de aquí, hermanas, que para conformarnos con nuestro Dios y Esposo en algo, será bien que estudiemos siempre mucho de andar en esta verdad. No digo sólo que no digamos mentira, que en eso, gloria a Dios, ya veo que traéis gran cuenta en estas casas con no decirla por ninguna cosa; sino que andemos en verdad delante de Dios y de las gentes de cuantas maneras pudiéremos, en especial no queriendo nos tengan por mejores de lo que somos, y en nuestras obras dando a Dios lo que es suyo y a nosotras lo que es nuestro, y procurando sacar en todo la verdad, y así tendremos en poco este mundo, que es todo mentira y falsedad, y como tal no es durable.

Montag, 29. Oktober 2012

S. Teresa: Die innere Burg – Castillo - 233


6.W.K.10.5. Es kommt auch vor, dass Gott einem genauso plötzlich und auf eine unaussprechliche Weise in sich selbst eine Wahrheit zeigt, die, so scheint es, alles, was es davon in den Geschöpfen gibt, im Dunkeln, dafür aber ganz klar deutlich werden lässt, dass er allein die WAHRHEIT ist, die nicht lügen kann,10 und das macht so recht deutlich, was David in einem Psalm sagt, dass nämlich alle Menschen lügen (Ps 166,11); das ginge einem im Leben nie auf,11 selbst wenn man es noch so oft hörte. Er ist Wahrheit, die nicht trügen kann. Das erinnert mich daran, welch gewichtige Frage Pilatus unserem Herrn stellte, als er ihn während seiner Passion fragte: Was ist Wahrheit? (Joh 18,38), und wie wenig wir hienieden von dieser höchsten Wahrheit verstehen.

Anmerkungen
10 Eine der tiefsten Erfahrungen, die Teresa machte. Siehe V 40,1-4 mit Anm. Es ist die WAHRHEIT, die alle Wahrheiten hervorbringt und erhellt und jede Lüge entlarvt, aber auch jeden Menschen als wahrhaftig oder unwahrhaftig darstellt. Wahrheit ist „Erkenntnis Gottes,“ „Selbsterkenntnis und Demut;“ sie lässt uns „die Dinge dieser Welt für sehr gering halten“ (6M 5,10), aber auch „die große Würde und Schönheit“ unserer „Seele begreifen“ (1M 1,1); wir müssen „in der Wahrheit leben, ... um uns unserem Bräutigam anzugleichen“ (6M 10,6). „Die ganze Welt ist doch nur ein Schwindel, wenn sie uns nicht dazu bringt und verhilft“ (6M 4,10); es entspricht nicht der Wahrheit, sich etwas anzueignen, denn sie sieht, „dass wir nichts haben, was wir nicht empfangen hätten“ (6M 5,6). Gott, die Wahrheit, versetzt sie in die Wahrheit: Die Gnade erfüllt sie „mit Wünschen, Gott zufrieden zu stellen, und mit soviel Geringschätzung für alles, was sie ihm nicht näher bringt“ (6M 8,3). Wahrheit ist: „Gott geben, was sein, und uns, was unser ist“ (6M 10,6). Vgl. V 20,29; 40,3; CC 1,21.
11 Einige Herausgeber fügen der leichteren Verständlichkeit wegen „so“ (así) hinzu.

(Teresa von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)

5. También acaece, así muy de presto y de manera que no se puede decir, mostrar Dios en sí mismo una verdad, que parece déjà oscurecidas todas las que hay en las criaturas, y muy claro dado a  entender que El solo es verdad que no puede mentir; y dase bien aentender lo que dice David en un salmo, que todo hombre es mentiroso, lo que no se entendiera jamás así, aunque muchas veces se oyera. Es verdad que no puede faltar. Acuérdaseme de Pilatos lo mucho que preguntaba a nuestro Señor cuando en su Pasión le dijo qué era verdad, y lo poco que entendemos acá de esta suma Verdad.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Abschied für immer?

Leider werden nun auch die noch verbliebenen Karmelitinnen der Stadt Mons in Belgien ihr Kloster verlassen. Nachdem sie im Laufe ihrer Geschichte vielen äußeren Angriffen ausgesetzt waren, wie z. B. durch die Französische Revolution, die Streitigkeiten mit dem österreichischen Kaiser Joseph II. oder auch unter Napoleon, müssen die Nonnen des seit 1607 bestehenden Karmel nun endgültig kapitulieren.

Seit einigen Jahrzehnten hat sich abgezeichnet, dass durch den Mangel an Berufungen und, durch die zunehmende Pflegebedürftigkeit vieler Schwestern mehr und mehr eingeschränkt, ein autonomes Gemeinschaftsleben bald nicht mehr möglich sein würde. Auch ein Versuch im Jahre 2002, als man sich mit den verbliebenen Karmelitinnen von Soligines zusammenschloss, war nur ein vorübergehendes Lebenselixier.
Bereits die Vierhundertjahrfeier ihres Karmel St. Joseph im Jahre 2007 war eher ein trauriges Ereignis, wohl wissend, dass der Abschied bald kommen würde.
Heute verabschiedet der Bischof von Tournai Monsign. Guy Harpigny die Karmelitinnen in einer Heiligen Messe. Die Schwestern werden in ein Pflegeheim und in andere Klöster umziehen.

Lasset uns beten für die Karmelitinnen. 
Guter Gott,
- gib ihnen den Geist der Einfachheit und Demut,
damit sie ohne Verbitterung ihren letzten
Lebensabschnitt beschreiten können.
- gib jungen Frauen Deinen Geist,
der sie befähigt alles zu verlassen um nur Dich
zu suchen und Dir zu folgen.
Amen.

Foto und Info - http://info.catho.be/2012/10/25/les-carmelites-quittent-mons/


S. Teresa: Die innere Burg – Castillo - 232


6.W.K.10.4. O menschliches Elend!8 Wann endlich, Töchter, werden wir diesen großen Gott ein bisschen nachahmen? O, machen wir uns doch nicht vor, dass wir etwas leisten, wenn wir Kränkungen ertragen, sondern nehmen wir frohgemut alles auf uns und lieben wir den, der sie uns zufügt, hat doch dieser große Gott nie aufgehört, uns zu lieben, obwohl wir ihn sehr beleidigt haben. So hat er vollkommen Recht, wenn er wünscht, dass alle verzeihen, ganz gleich was für Beleidigungen ihnen zugefügt werden.9 Ich sage euch, Töchter, dass unser Herr mit dieser Vision, die er einem schenkt, eine große Gnade erweist, selbst wenn sie schnell vorbeigeht, sofern man aus ihr Nutzen ziehen möchte, indem man sie sich beständig vor Augen führt.

Anmerkungen
8 Vgl. 5M 1,13; 6M 1,10; 4,11; V 19,5; 28,9; MC 1,3; F 6,7; und viele weitere Stellen.
9 Die extreme Empfindlichkeit für „Beleidigungen“ in der Umgebung Teresas hing mit dem übertriebenen Kult der honra („Ehre, gesellschaftliches Ansehen“) im Spanien des 16. Jahrhunderts zusammen; dennoch spricht sie mit dem Prestigedenken eine Fehlhaltung aller Zeiten an.

(Teresa von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)

4. ¡Oh miseria humana! ¿Hasta cuándo, hijas, imitaremos en algo este gran Dios? ¡Oh!, pues no se nos haga ya que hacemos nada en sufrir injurias, sino que de muy buena gana pasemos por todo y amemos a quien nos las hace, pues este gran Dios no nos ha dejado de amar a nosotras aunque le hemos mucho ofendido, y así tiene muy gran razón en querer que todos perdonen por agravios que los hagan.
Yo os digo, hijas, que aunque pasa de presto esta visión, que es una gran merced que hace nuestro Señor a quien la hace, si se quiere aprovechar de ella, trayéndola presente muy ordinario.
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