Freitag, 28. Februar 2014

Die Sinnlichkeit und der Teufel

Auch ist es so schwer, sie hierin aufzuklären, so dass der Herr selbst sehr ernstlich eingreifen muss. [...] Auch schaden sie im Kloster nicht nur sich selbst, sondern allen anderen. Indes haben sie zuweilen keine Schuld, denn sie halten sich nur an das Bestehende.

Es ist beklagenswert, dass viele bei der guten Absicht, die sie leitet, es so übel treffen. Sie wollen die Welt verlassen, und indem sie meinen, sie gingen hin, um fern von den Gefahren der Welt dem Herrn zu dienen, befinden sie sich in zehn Welten auf einmal, so dass sie für sich keine Hilfe und keine Rettung wissen. Die Sinnlichkeit und der Teufel laden sie ein und veranlassen sie, Dingen nachzugehen, die von der nämlichen Welt sind, die sie verlassen haben.

Leben 73

(125-20140228)



Donnerstag, 27. Februar 2014

Die Nonnen dieser Klöster bedauere ich sehr.

. . . Sollen sie gerettet werden, so ist es notwendig, dass der Herr sie auf besondere Weise rufe, und zwar nicht bloß einmal, sondern oftmals rufe. Denn der Genuss weltlicher Ehren und Unterhaltungen besteht hier so zu Recht, und die diesen Dingen nachgehen, verstehen so wenig ihre Verpflichtungen, dass Gott gebe, sie möchten das, was Sünde ist, nicht gar auch für Tugend halten, wie ich es selbst oftmals getan habe.

Leben 73

(124-20140227)



Mittwoch, 26. Februar 2014

Gefahr der fehlenden strengen Klausur

Sehr nachteilig für mich war meines Erachtens der Umstand, dass das Kloster, in dem ich mich befand, dem Zutritt auswärtiger Personen nicht verschlossen war.

Da man hier keine Klausur gelobte und darum auch zu keiner größeren Strenge verpflichtet war, so konnten sich andere brave Nonnen der ihnen gestatteten Freiheit, mit Auswärtigen zu verkehren, mit gutem Gewissen bedienen.

Mich aber, die ich böse bin, würde diese Freiheit sicher in die Hölle geführt haben, hätte der Herr mich nicht durch so viel Mittel und Wege, ja durch ganz besondere Gnaden, die er mir verlieh, aus dieser Gefahr errettet.

Daraus schließe ich, dass es überhaupt um die besagte Freiheit in einem Nonnenkloster etwas höchst Gefährliches ist. Eine solche Freiheit ist meiner Ansicht nach für jene, die böse sein wollen, mehr ein gebahnter Weg zur Hölle als ein Mittel zur Abhilfe ihrer Schwächen.

Leben 72

(123-20140226)



Dienstag, 25. Februar 2014

Um der Wahrheit Zeugnis zu geben,

... muss ich doch bekennen, dass das Böse, das ich getan, soviel es auch gewesen, nicht mit so vollkommener Überlegung geschah, wie es bei Übertretungen genannter Art der Fall gewesen wäre.

Leben 72

(122-20140225)



Montag, 24. Februar 2014

Als ob.

Ich hatte vieles absichtlich und genau betrachtet, und demnach würde ich es für eine große Übeltat gehalten haben, durch die Bosheit meiner Person die Ehre so vieler braver Nonnen aufs Spiel zu setzen.

So dachte ich, gleich als ob mein übriges Verhalten gut gewesen wäre.

Leben 72

(121-20140224)



Samstag, 22. Februar 2014

Kein Wunder also,

... wenn man mir großes Vertrauen schenkte und ebensoviel, ja noch mehr Freiheit gestattete, als selbst den älteren Nonnen.

Denn selber mir eine Freiheit herauszunehmen und unerlaubterweise etwas zu tun, wie z. B. durch die Mauerlücken oder bei der Nachtzeit mit Auswärtigen zu verkehren, dies, glaube ich, hätte ich im Kloster nicht über mich bringen können.

So etwas habe ich niemals getan; denn der Herr hielt mich an seiner Hand.

Leben 72

(120-20140222)



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