6.W.K.7.5.
Auch mögt ihr meinen, dass eine Seele, die sich so erhabener Dinge erfreut,
keine Meditation über die Geheimnisse der allerheiligsten Menschheit unseres
Herrn Jesus Christus mehr halten wird, da sie sich schon ganz in der Liebe übe.9 Das ist etwas, worüber ich an anderer Stelle
schon ausführlich geschrieben habe;10 und
obwohl man mir widersprochen und gesagt hat, ich würde das nicht verstehen
(weil das Wege seien, auf denen unser Herr führt, und dass es besser sei, sich
mit göttlichen Dingen zu befassen und die gegenständlichen zu fliehen, sobald
sie die Anfänge hinter sich gelassen haben),11
wird man mich nicht zum Bekenntnis verleiten, dass das ein guter Weg sei. Es
mag schon sein, dass ich mich täusche und wir alle dasselbe sagen; aber ich habe
erlebt, dass mich der Böse von daher täuschen wollte, und deshalb bin ich so
gewitzigt, dass ich meine, es euch hier noch einmal sagen zu müssen – auch wenn
ich es schon öfter gesagt habe –, damit ihr da mit großer Vorsicht herangeht.
Und schaut, ich wage sogar zu sagen, dass ihr jemandem, der euch etwas anderes
sagt, nicht glauben sollt.12 Ich werde
versuchen, mich noch deutlicher auszudrücken als ich es an anderer Stelle getan
habe; denn falls jemand13 dies entsprechend
dem, was er gesagt hatte, niedergeschrieben hat, hätte er es vielleicht richtig
gesagt, wenn er sich bei der Erklärung nur mehr ausgebreitet hätte. Es uns, die
wir nicht so viel davon verstehen, aber so gerafft zu sagen, kann viel Unheil
anrichten.
Anmerkungen
9
Ihrem Dialogstil entsprechend legt Teresa diesen Einwand ihren Schwestern in den
Mund, damit sie dagegen Stellung beziehen kann. Evtl. verbirgt sich dahinter eine
der Hauptthesen der sog. dejados – Gelassenen, einer als heterodox geltenden
Gruppierung der Alumbrados, die im Extremfall meinten, dass die Liebe Gottes in
ihnen so stark sei, dass sie gar nicht mehr sündigen und auf alle äußerlichen
Zeichen von Frömmigkeit verzichten könnten.
10
Siehe V 22. Für Teresa handelt es sich um eine ganz entscheidende Frage. Ihres
Erachtens darf auch auf den höchsten Stufen des mystischen Gebetslebens die
Beziehung zur Menschheit Christi, d. h. zum Menschen Jesus von Nazareth, wie
ihn uns die Evangelien schildern, nicht aufgegeben werden, sondern sie spielt
nach wie vor eine zentrale Rolle. – Zum Begriff „Meditation“ siehe ihre eigene
Definition in 6M 7,10 und ferner Anhang I.
11
Wie in V 22 spielt die Autorin vor allem auf folgende Werke an: Francisco de
Osuna, Tercer Abecedario (Drittes ABC); Bernardino de Laredo, Subida del Monte
Sión (Aufstieg auf den Berg Zion); und ganz unmittelbar Bernabé de Palma, Via
Spiritus (Weg des Geistes); ferner vielleicht auch Erasmus von Rotterdam,
Enchiridion oder Handbuch des christlichen Soldaten, in dem eine Kapitelüberschrift
lautet: „Dass man alle sichtbaren Dinge für unwichtig halten muss, dass das die
Dinge sind, die Paulus als Fleisch bezeichnet, und wie wir uns immer wieder zu
den unsichtbaren Dingen erheben müssen.“ Vgl. auch T. Álvarez, Jesucristo en la
experiencia de Santa Teresa.
12
Dieser Punkt ist Teresa so wichtig, dass sie ihre ganze Autorität in die
Waagschale wirft. Der Leser beachte, mit welchem Selbstbewusstsein sie erneut
zu ihrer persönlichen Erfahrung steht, in offenem Widerspruch zu den taktischen
Demutsbekundungen, mit denen sie ihre Werke den Zensoren zuliebe immer wieder
spickt.
13
An wen sie in diesem Fall konkret denkt, muss offen bleiben.
(Teresa
von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte
Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich
Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)
5. También os parecerá que quien goza de cosas tan altas no tendrá
meditación en los misterios de la sacratísima Humanidad de nuestro Señor
Jesucristo, porque se ejercitará ya toda en amor. - Esto es una cosa que
escribí largo en otra parte, y aunque me han contradecido en ella y dicho que
no lo entiendo, porque son caminos por donde lleva nuestro Señor, y que cuando
ya han pasado de los principios es mejor tratar en cosas de la divinidad y huir
de las corpóreas, a mí no me harán confesar que es buen camino. Yo puede ser
que me engañe y que digamos todos una cosa; mas vi yo que me quería engañar el
demonio por ahí, y así estoy tan escarmentada que pienso, aunque lo haya dicho
más veces, decíroslo otra vez aquí, porque vayáis en esto con mucha advertencia;
y mirad que oso decir que no creáis a quien os dijere otra cosa. Y procuraré
darme más a entender, que hice en otra parte; porque por ventura si alguno lo
ha escrito, como él lo dijo, si más se alargara en declararlo, decía bien; y
decirlo así por junto a las que no entendemos tanto, puede hacer mucho mal.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.