6.W.K.6.4.
Ach du arme kleine Schmetterlingsseele, angebunden mit so vielen Ketten, die
dich nicht fliegen lassen, wie du möchtest! Hab Mitleid mit ihr, mein Gott!
Füge es so, dass sie zu deiner Ehre und Verherrlichung ein wenig ihre Wünsche
verwirklichen kann. Denke nicht daran, wie wenig sie es verdient, noch an ihre unzulängliche
Natur! Du bist mächtig, Herr, dass das große Meer und der große Jordan sich
zurückziehen und die Kinder Israels hindurchziehen lassen.9 Du brauchst kein Mitleid mit ihr zu haben, denn
unterstützt von deiner Stärke kann sie viele Prüfungen bestehen; sie ist
entschlossen dazu und will sie durchleiden. Strecke, Herr, deinen mächtigen Arm
aus;10 sie soll ihr Leben nicht mit so unzulänglichen
Dingen zubringen. Lass deine Größe in einem so unzulänglichen und weiblichen Geschöpf
aufscheinen, damit die Welt dich lobt, weil sie erkennt, dass nichts davon von
ihr stammt11 – koste es sie, was es wolle –,
denn das will sie, und sogar tausend Leben hergeben (wenn sie so viele hätte),
damit auch nur eine Seele dich ihretwegen ein bisschen mehr lobte; und diese würde
sie für sehr gut eingesetzt halten, und sie erkennt in aller Wahrhaftigkeit, dass
sie es nicht verdient, auch nur eine winzige Prüfung für dich zu erleiden, um
wie viel weniger zu sterben.12
Anmerkungen
9 Anspielung auf den Durchzug durch das Rote Meer (Ex
14,21f.) wie auch durch den Jordan (Jos 3,13-17; 14,6f.).
10 J. V. Rodríguez versteht dies als Anspielung auf Noach
und die Taube (Gen 8,8-11) und meint, auch wenn Teresa hier mariposilla (Schmetterling) schreibt, denke sie – wie schon in 6M 2,1 –
wohl eher an eine Taube; siehe Obras Completas (hg.
A. Barrientos), 912, Anm. 4. Die schleichende Abwandlung der Symbolik, die in
7M 3,13 offen zu Tage tritt, wird durch die Tatsache begünstigt, dass das
Äquivalent palomica, das die Autorin öfter verwendet, damals sowohl einen
Falter als auch eine Taube bezeichnen konnte. Doch könnten an dieser Stelle
auch Psalmverse wie Ps 44,4; 77,16; 79,11; 89,11 mitschwingen.
11 Teresa verlegt die Forderung für die Anerkennung der
diskriminierten und marginalisierten Frau in Gott, ähnlich wie in CE 4,1. Wenn
Gottes Größe in der Frau aufscheint, bleibt den misstrauischen Männern nichts
anderes übrig, als sie anzuerkennen.
12 Entscheidend ist hier das „fur dich“: Teresa verherrlicht nicht das Leiden an sich, sondern
drückt nur ihre Bereitschaft aus, ihre Gottes- bzw. Christusliebe auch durch
die Hingabe ihres Lebens unter Beweis zu stellen.
(Teresa
von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke
Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan
OCD, Elisabeth Peeters OCD)
4. ¡Oh pobre mariposilla, atada con tantas cadenas, que no te dejan volar
lo que querrías! Habedla lástima, mi Dios; ordenad ya de manera que ella pueda
cumplir en algo sus deseos para vuestra honra y gloria. No os acordéis de lo
poco que lo merece y de su bajo natural. Poderoso sois Vos, Señor, para que la
gran mar se retire y el gran Jordán, y dejen pasar los hijos de Israel. No la
hayáis lástima, que, con vuestra fortaleza ayudada, puede pasar muchos trabajos;
ella está determinada a ello y los desea padecer. Alargad, Señor, vuestro
poderoso brazo, no se le pase la vida en cosas tan bajas. Parézcase vuestra
grandeza en cosa tan femenil y baja, para que, entendiendo el mundo que no es
nada de ella, os alaben a Vos, cuéstele lo que le costare, que eso quiere, y
dar mil vidas porque un alma os alabe un poquito más a su causa, si tantas tuviera;
y las da por muy bien empleadas y entiende con toda verdad que no merece
padecer por Vos un muy pequeño trabajo, cuánto más morir.
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