6.W.K.1.3.
Wenn ich auch nicht vorhatte, darüber zu sprechen, habe ich mir doch gedacht,
dass es für die eine oder andere Seele, die das an sich erlebt, ein großer
Trost wäre, zu wissen, was in denen vorgeht, denen Gott ähnliche Gnaden
erweist, weil es wirklich so aussieht, als sei dann alles verloren. Ich bringe
sie nicht der Reihenfolge nach, wie sie sich ereignen, sondern wie es mir
gerade einfällt. Anfangen möchte ich bei den kleinsten, nämlich mit dem
Aufschrei unter den Leuten, mit denen man zu tun hat – und sogar bei solchen,
mit denen man nichts zu tun hat –, und von denen man im Leben nie geglaubt
hätte, dass sie sich an einen erinnern könnten: „Die spielt sich als Heilige
auf!“; 13 „Die übertreibt bloß, um alle Welt
zu täuschen und andere schlecht zu machen!“; „Es gibt bessere Christen, ohne
dieses Theater“ 14 – wobei sie, wohlgemerkt,
keineswegs ein Theater aufführt, sondern sich nur bemüht, gut auf ihren Lebensstand
zu achten. Leute, die sie für Freunde hielt, gehen auf Abstand zu ihr, und es
sind gerade die, die ihr die dicksten Brocken vorwerfen, die man sehr spürt:
„Diese Seele ist verloren und offensichtlich einer Täuschung verfallen;“ „So
etwas ist vom Bösen;“ 15 „Es wird ihr gehen
wie dieser und jener, die verloren ging, und sie wird zum Anlass werden, dass
es mit der Tugend bergab geht;“ „Die täuscht doch ihre Beichtväter.“ Und sie
laufen zu ihnen und sagen es ihnen und führen Beispiele an, wie es einigen
ergangen sei, die auf diesem Weg verloren gingen; tausenderlei Verhöhnungen und
Schwätzereien dieser Art. 16
Anmerkungen
13 Der autobiographische Hintergrund ist
offensichtlich; vgl. V 19,8: „Sie sagten, dass ich als Heilige dastehen wollte und Neuerungen erfand
...“
14
Wörtlich: „ohne diese
Zeremonien – ceremonias.“
15 Vgl. V 25,19; 29,4-6.
16 Zum autobiographischen Hintergrund dieses ganzen
Absatzes siehe außer den bereits genannten Stellen V 23,11ff.; 25,14ff.22;
28,14ff.; usw. Vgl. ferner CE 35,2 bzw. CV 21,2.
(Teresa
von Avila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte
Werke Bd.4, Herder 2005, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich
Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD)
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