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über die Karmelitinnen von Compiègne:
Die Priorin
und Blanche de la Force, die um Aufnahme gebeten hat, befinden sich im
Sprechzimmer; während des längeren Gespräches sagt die Priorin:
Meine
Tochter, die guten Leutchen fragen sich, wozu wir denn eigentlich taugen, und
im Grunde ist ihr Fragen recht entschuldbar. Durch unsere strengeren
Entbehrungen glauben wir ihnen zu beweisen, dass man auf viele Dinge sehr wohl
verzichten kann, die sie für unentbehrlich halten. Doch damit das Vorbild
wirkt, müssten die Leute zu guter Letzt doch sicher sein, dass uns diese Dinge
einst genauso unentbehrlich waren wie ihnen.
Nein, meine
Tochter, wir sind keine Abtötungsunternehmen, keine Tugendmuseen, wir sind
Stätten des Gebets.
Einzig das Gebet rechtfertigt unser Dasein.
Wer nicht an
das Gebet glaubt, muss uns für Schwindler oder Schmarotzer halten. Wenn wir das
den Gottlosen offener sagten, würde man uns besser verstehen.
Sehen Sie,
meine Tochter, so hat es Gott gewollt: nicht indem er aus dem Gebet etwas so
Unentrinnbares gemacht hätte wie Hunger und Durst, aber indem er zuließ, dass
die einen stellvertretend für die anderen beten können. So wird jedes Gebet ein
Menschheitsgebet, (und sei es das eines Hirtenbuben, der seine Herde hütet.
(Kurzes Schweigen.) Was der Hirtenbub aus einer Herzensregung heraus dann und
wann tut, das müssen wir Tag und Nacht tun. Nicht, weil wir annehmen, wir
könnten besser beten als er. Im Gegenteil, diese Seelenschlichtheit, dies zarte
Sichhingeben an die göttliche Hoheit, ist bei ihm eine Eingebung des
Augenblicks, eine Gnade: wir müssen unser ganzes Leben weih'n, um das zu
erringen oder um es wiederzufinden, wenn wir es einmal besessen haben. Denn
dies Geschenk der Kindheit überdauert die Kindheit selten genug.
(George
Bernanos, Die begnadete Angst)
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