Montag, 22. September 2014

Gründung eines Karmelitinnenklosters und sein Ende (3/4)

Da fällt an einem Herbstabend 1947 in die Überlegungen und Sorgen um die Zukunft des Hauses, das dem Andenken des verstorbenen Kindes, Schwester Maria Gabriele, erhalten bleiben soll, das Wort eines geistlichen Freundes: »Machen Sie doch einen Karmel aus dem Haus.« Die junge Karmelitin, die er kannte, war heimlich und ungesehen in das Gespräch eingetreten, in das Elternhaus der jungen toten Ursuline. Aber nur die eine weiß jetzt davon, wie das göttliche Spiel der Vorsehung sie in dieser Stunde mit der anderen verbindet: die Tote und Verklärte im Licht der Gottschauung weiß es.

Ihre Eltern beenden das Gespräch mit der groß und christlich überlegten Antwort: »Bieten Sie unseren ganzen Besitz den Karmelitinnen von Pützchen als Stiftung für einen neuen Karmel an.« Wir schreiben in das Gästebuch des Hauses Mainfried den Wahlspruch der Karmeliten: Zelo zelatus sum pro Domino Deo exercituum. Vom Eifer bin ich entbrannt für den Herrn, der Gott der Heerscharen.

Die Karmelitinnen nehmen nach Wochen das Angebot an, und der Bischof von Mainz gibt der neuen Gründung seinen oberhirtlichen Segen.

Am 9. Mai 1948 besiedeln 5 Karmelitinnen, 3 Chorschwestern und 2 Novizen den neuen Karmel, unter ihnen Schwester Maria Isabella vom Hl. Geist.

Der vom Bischof ernannte Klosterkommissar, Domkapitular Moser, überträgt das Allerheiligste, und die ganze Gemeinde geleitet die Schwestern mit dem Herrn in feierlicher Prozession zu dem Haus Mainfried. Sie geben ihm in pietätvollem Gedenken den Namen Karmel St. Gabriel.

Nun könnte man meinen: die beiden Wege, auf dem nach Gottes Vorsehung zwei Kinder 1910 und 1911 anfingen, aufeinander zuzugehen, hätten sich jetzt getroffen. Noch nicht ganz. Das letzte Stück ist für Schwester Isabella noch zu gehen.

4 Jahre lang schenkt sie aus einem reichen und freigebigen Herzen und aus einem unbedingten Willen zum Opfer und zum Kreuz ihre junge rüstige Kraft dem inneren und äußeren Aufbau des jungen Karmel. Sie weiß es, daß das Opfer ihres Lebens eingemauert werden muß in die Fundamente des Karmel. Aus ihrem Wissen um ihre frühe Vollendung sagte Schwester Maria Gabriele vom Heiligen Geist: »Über meinem Leben steht Tempo«; aus demselben Wissen sagt Schwester Maria Isabella vom Heiligen Geist, und sie sagt es wiederholt: »Ich werde früh sterben.«

Gott hat ihr Opfer angenommen. Genau so unvermutet wie das blühende junge Leben der jungen Ursuline hat der Tod das reife gesunde Leben der jungen Karmelitin umgemäht, im selben Haus, Marienkrankenhaus Frankfurt, in dem auch die andere starb, am 18. März 1952, zu der Stunde, in der die Karmelitinnen die 1. Vesper vom Fest des Hl. Josef beten, den sie kindlich verehrte.

Auch sie starb bei vollem Bewußtsein wie ihre junge Weggefährtin 12 Jahre vorher. Auch an ihrem Sterbebett saß ihre Mutter, die von ihrer Konversion an den Weg des Glaubens mit ihr gemeinsam gegangen war. Die letzte Antwort, die sie einer Schwester gab, daß Jesus nun vor der Türe stehe, war ein Lächeln und das Wort: »Ja, er klopft schon.« Eine Stunde später hörte sie sein Wort: Wenn jemand meine Stimme hört und mir die Tür öffnet, will ich bei ihm einkehren, und das Mahl mit ihm halten und er mit mir. (Geh. Offbg. 3. 20.)

Im Klostergarten des Karmel St. Gabriel, in welchem einst die kleine Annemarie Hainz als Kind spielte, haben wir sie in dem ersten Grab auf dem stillen geweihten Friedhof zur ewigen Ruhe gebettet. Wie ein Bogen von Licht und Trost spannt sich das silberne Band des Mains entlang zu dem Grab der anderen.

Wenn man in dem sonnigen Erker sitzt, in dem der kleine Studiertisch von Schwester Maria Gabriele steht, sieht man durch das Fenster auf das schmale Kreuz auf dem Grabhügel von Schwester Isabella unter den goldgrünen Birken.

So sind die Wege von zwei jungen begnadeten Menschen aufeinander zugegangen, weil Gott es so wollte, und weil er auf ihrem jungen Leben und ihrem jungen Sterben den Karmel St. Gabriel gründen wollte im Haus Mainfried zu Hainstadt am Main.

(Text eines Faltblattes der Karmelitinnen St. Gabriel)


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